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Das Parentelensystem: So wird in Österreich vererbt

Lukas Wurzinger

VERFASST VON

Lukas Wurzinger

2022-07-25

Lesezeit: 5 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste zum österreichischen Erbrecht in Kürze:

  • Es erben nacheinander sogenannte Linien = Parentelsystem.
  • Diese gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn keine letztwillige Verfügung errichtet wird.
  • Das Erbrecht ist jener Teil des Rechts, welcher die Übernahme einer Verlassenschaft oder eines Teils einer Verlassenschaft regelt.
  • Bei einer solchen Übernahme handelt es sich um Erwerb von Todes wegen.
  • Auf den oder die Erben geht die gesamte vermögensrechtliche Position des Erblassers über.
  • Alle Rechte und Verbindlichkeiten, die nicht mit dem Tod des Erblassers erlöschen, bilden den Nachlass (auch Verlassenschaft).
  • Berufungsgründe zum Erbrecht sind ein Erbvertrag, ein Testament oder das Gesetz.
  • Das Erbrecht entsteht mit dem Tod des Erblassers (dem Erbanfall).

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Benu hat für Sie Informationen zum Erbrecht zusammengestellt. Der Überblick soll Ihnen helfen, einen ersten Einblick zu bekommen. Da immer die individuellen Umstände zu beachten sind, empfehlen wir Ihnen jedoch auch, eingehende Rechtsberatung einzuholen.

Dafür können wir Ihnen wärmstens unsere Kooperationspartnerin und Rechtsanwältin Mag. Bettina Rauf, LL.M. empfehlen.

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RA Mag. Bettina Rauf, LL.M.
Piaristengasse 41/10
1080 Wien

Gesetzliche Erbfolge

Wann tritt die gesetzliche Erbfolge ein?

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn keine letztwillige Verfügung errichtet wird. Es erben nacheinander sogenannte Linien (Parentelsystem), wobei die folgende Linie erst zum Zug kommt, wenn die vorhergehende Linie ausgestorben ist.

Neben den Linien erbt in unterschiedlichen Quoten der Ehepartner. Benu empfiehlt die Einholung einer eingehenden Rechtsberatung, sodass im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände die gewollten Regelungen getroffen oder die individuellen Ansprüche ermittelt werden können.

Das Parentelsystem

Wer erbt in welcher Reihenfolge?

Erste Linie: Kinder

  • Es besteht kein Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern
  • Der Erbteil teilt sich immer nach Köpfen auf: Ist ein Kind vorverstorben, treten die Kinder dieses vorverstorbenen Kindes (also die Enkel des Erblassers) erbrechtlich an dessen Stelle (Repräsentation) – dies gilt für die gesetzliche Erbfolge (nicht für das Testament!).
  • Stirbt ein Kind ohne eintrittsberechtigte Nachkommen, fällt den anderen seine Erbportion zu.
  • Neben der ersten Linie erbt die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner ein Drittel.

Zweite Linie: Eltern

Die zweite Parentel besteht aus den Eltern des Verstorbenen und deren Nachkommen, also den Brüdern und Schwestern des Verstorbenen und deren Nachkommen. Auf jeden Elternteil entfällt 1⁄2 der Verlassenschaft. Es gelten die genannten Grundsätze des Erbens nach Stämmen und der Repräsentation. Vollgeschwister des Verstorbenen repräsentieren beide Elternteile, Halbgeschwister nur den Elternteil, von dem sie abstammen (§ 736). Ist ein Elternteil ohne Nachkommen vorverstorben, fällt sein Erbteil dem anderen Elternteil zu (§ 737 ABGB).

Das bedeutet:

  • Sind keine Erben vorhanden, die vom Erblasser abstammen, erben die Eltern und deren Nachkommen
  • Ist ein Elternteil vorverstorben, wird dessen Hälfte zwischen den Nachkommen (also den Geschwistern des Erblassers) aufgeteilt.
  • Sind beide Elternteile vorverstorben, erben die Geschwister des Erblassers, die entsprechende Portion.
  • Sollten sowohl Eltern, als auch deren direkte Nachkommen (Geschwister des Erblassers) verstorben sein, können vorhandene Nachkommen der Geschwister (Nichten & Neffen des Erblassers) an diese Stelle treten.
  • Die Ehepartnerin oder der Ehepartner erben neben Eltern und deren Nachkomme zwei Drittel.

Dritte Linie: Großeltern

  • Wenn kein Erbe in der ersten und zweiten Parentel vorhanden ist, erben die beiden Großelternpaare.
  • Die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner erbt daneben zwei Drittel.

Vierte Linie – Urgroßeltern

  • Urgroßeltern des Erblassers.
  • Diese werden ausgeschlossen durch die Ehepartnerin bzw. den Ehepartner, diese/r erbt somit alles.
  • Der Ehepartnerin bzw. dem Ehepartner steht nämlich stets das sogenannte Vorausvermächtnis zu und zwar unabhängig von seinen sonstigen erbrechtlichen Ansprüchen (außer bei gültiger Enterbung). Dieses besteht aus dem Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen und über die zum ehelichen Haushalt gehörenden Sachen, soweit diese zur Fortführung der bisherigen Lebensverhältnisse erforderlich sind, zu verfügen.

Kein vorhandener Erbe

  • Ist kein Erbe vorhanden, fällt die Verlassenschaft als herrenloses Gut dem Staat zu.
  • Ist aber ein Legatar vorhanden, welcher eigentlich nur einen bestimmten Teil der Erbschaft erhalten sollte, so erhält der Vermächtnisnehmer die gesamte Erbschaft.

Anrechnung

  • Kinder haben sich bei der gesetzlichen Erbfolge bestimmte Zuwendungen unter Lebenden auf ihren Anspruch anrechnen zu lassen. Dies mindert sohin ihre Ansprüche gegen den Nachlass.
  • Die Anrechnung findet aber nur statt, wenn ein Anrechnungsberechtigter sie verlangt. Der Erblasser kann die Anrechnung auch erlassen.
  • Das gesetzliche Vorausvermächtnis ist bei der Ehepartnerin bzw. dem Ehepartner nicht anzurechnen. Ansonsten ist alles einzurechnen, was sie/er durch Ehepakte oder Erbvertrag erhält.

Der Erbverzicht

Wann ist ein Erbverzicht rechtswirksam?

Ein potentieller Erbe kann auf sein Erbrecht bereits zu Lebzeiten des Erblassers, also vor Eintritt des Erbanfalls, verzichten.

Ein solcher Verzicht ist nur rechtswirksam, wenn er mittels Vertrages in der vorgeschriebenen Form, nämlich in Form eines Notariatsaktes oder gerichtlichen Protokolls, abgeschlossen wird.

Es handelt sich um den einzig zulässigen Vertrag, mit dem zu Lebzeiten des Erblassers über ein möglicherweise nach dessen Tod zustehendes Erbrecht verfügt werden kann.

Warum sollte man auf ein Erbe verzichten?

Der wirtschaftliche Hintergrund ist insbesondere der, dass der Erbe zu Lebzeiten des Erblassers eine Leistung erhält und nach dem Tode andere zum Zug kommen sollen.

Worauf kann sich der Erbverzicht beziehen?

Der Erbverzicht kann sich nur auf das gesetzliche Erbrecht, nur auf den Pflichtteil oder beides beziehen. Eine nach Abschluss des Erbverzichts vorgenommene Bedenkung, zum Beispiel in einem Testament, bleibt jedoch gültig.

Eine Aufhebung des Erbverzichtes ist möglich, muss aber zwischen den Vertragsparteien wiederum vereinbart werden. Ein einseitiger Widerruf ist nicht möglich.

Benu empfiehlt Ihnen, eingehende Rechtsberatung in einer Rechtsanwaltskanzlei einzuholen. Nur so kann sichergestellt sein, dass Sie für Ihren individuellen Fall entsprechend rechtlich korrekte Auskunft bekommen.

Die letztwillige Verfügung

Prinzipiell unterscheidet man zwischen Testament und Vermächtnis.

Testament

  • Letztwillige Verfügungen, durch die ein oder mehrere Erben eingesetzt wird/werden, heißen Testament.
  • Mit einem solchem Testament verfügt man über sein gesamtes Vermögen.

Vermächtnis

  • Durch diese Form der letztwilligen Verfügung wird kein Erbe eingesetzt.
  • Stattdessen werden nur einzelne Verfügungen über den Nachlass (Vermächtnis) getroffen (z.B. das Einsetzen eines Vormundes, oder die Vergabe einzelner Objekte aus dem Nachlass).
  • Bis zur Erbrechtsreform 2017 nannte man eine solche Verfügung noch „Kodizill“, das Vermächtnis mit dem man bedacht wurde, hieß „Legat“.

Der Erbvertrag

Was ist der Erbvertrag und wie kommt dieser zustande?

Der Erbvertrag ist ein Vertrag zwischen Erblasser und der Ehepartnerin bzw. dem Ehepartner, womit diese/r unwiderruflich zur Erbschaft berufen wird. Zwingend ist die Form des Notariatsaktes.

Es gilt eine einseitige Unwiderruflichkeit – nur eine einverständliche Aufhebung ist möglich. Es müssen aber auch die Formvorschriften für letztwillige Verfügungen gewahrt werden.

Enterbung

Bei der Enterbung handelt es sich um den Entzug des Pflichtteils durch eine gültige letztwillige Verfügung.

Muss für eine Enterbung ein Enterbungsgrund vorliegen?

Ja! Es muss ein gesetzlicher Enterbungsgrund vorliegen, wie zum Beispiel:

  • gerichtlich strafbare Handlung gegen den Erblasser,
  • gröbliche Vernachlässigung der Pflichten zwischen Eltern und Kindern,
  • im Stich lassen des Erblassers im Notstand oder
  • gröbliche Vernachlässigung der Beistandspflicht der Ehepartnerin/des Ehepartners.

Der Erbe muss im Bestreitungsfall die Unrechtmäßigkeit der Enterbung, also das Vorliegen des Enterbungsgrundes beweisen. Ein Widerruf ist in Form einer nachfolgenden Erbeinsetzung möglich.

Möglich ist auch eine Pflichtteilsminderung auf die Hälfte in Form einer letztwilligen Verfügung, wenn zu keiner Zeit ein Naheverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigen bestanden hat, wie zwischen Eltern und Kindern üblich.

Benu empfiehlt Ihnen, eingehende Rechtsberatung einzuholen. Nur so kann sichergestellt sein, dass Sie für Ihren individuellen Fall entsprechend rechtlich korrekte Auskunft bekommen.

Kostentragungspflicht bei der Bestattung

Die Hinterbliebenen müssen in der Regel die Kosten der Bestattung übernehmen. Im Regelfall sind das in folgender Reihenfolge:

  • Ehegatte bzw. Ehegattin
  • Kinder
  • Eltern
  • Geschwister
  • Großeltern

Falls es den Hinterbliebenen aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, die Kosten der Bestattung zu tragen, ist es möglich eine Sozialbestattung zu beantragen.

Häufig gestellte Fragen zum Parentelsystem

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